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Fast Fashion
Wie Kleidung kaputt macht
Junge Menschen gehen inzwischen immer bewusster mit dem Thema Essen um. Weil ihnen Tierwohl und Klima nicht egal sind, ernähren sich viele von ihnen vegetarisch oder vegan. Doch wie verhält es sich mit der Kleidung, vor allem mit der billigen Ware der Modeketten? Erfordert Fast Fashion nicht eine genauso kritische Haltung?
Fast Fashion – was ist das überhaupt? Natürlich soll das Wort an Fast Food erinnern, an das schnell zu verzehrende, oft ungesunde Essen, das mittlerweile nicht mehr den besten Ruf hat. Aber der Begriff Fast Fashion gibt auch einen Hinweis auf die enorme Geschwindigkeit, die die Modeindustrie erfasst hat. Gab es früher zwei oder drei Kollektionen pro Jahr, wechseln die Trends inzwischen gefühlt wöchentlich. Das setzt gerade junge Leute unter Druck, die gerne am Puls der Zeit sein wollen. Für sie ist Kleidung oft auch eine Image- und Identitätsfrage.
Wegwerfware Mode
Allerdings zeigen schon wenige Zahlen, was dieses Geschäftsmodell für Probleme schafft. Zwischen 2000 und 2015 hat sich die Anzahl der jährlichen Kleidungskäufe weltweit verdoppelt. Mode wird dabei zur Wegwerfware. Ein durchschnittliches Kleidungsstück hält hierzulande gerade mal ein Jahr. Ein Party-Top etwa wird nur 1,7 mal getragen. Wen wundert es da, dass Kleiderschränke aus allen Nähten platzen? 5,2 Milliarden Kleidungsstücke türmen sich in ihnen – geschätzt 2,0 Milliarden davon wurden nie getragen! In der Gruppe der 20- bis 45-Jährigen geben 29 Prozent zu, viel zu viel Kleidung zu kaufen.
Hungerlöhne
Damit sich Modebewusste all die Textilien überhaupt leisten können, müssen sie extrem billig hergestellt werden. Das wiederum geht nur über den Weg der handfesten Ausbeutung der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Produktionsländern, vor allem in Asien. Kostet ein Kleidungsstück beim Modediscounter in Deutschland 4,99 Euro, streicht das Unternehmen 2,10 Euro ein. Für die Mitarbeitenden in Bangladesh oder Indonesien bleiben ganze 0,13 Euro – ein Hungerlohn. Um über die Runden zu kommen, müssen Näherinnen oft 12 bis 16 Stunden täglich arbeiten. Das bringt auch deren Sicherheit in Gefahr, denn mit nachlassender Konzentration steigt die Verletzungsgefahr. Überhaupt wird an der Sicherheit oft gespart – mit verheerenden Folgen, wie der Einsturz einer Textilfabrik in einem Vorort von Dhaka zeigte. Fast Fashion macht kaputt und kann sogar tödlich sein.
Enorme Umweltbelastung
Auch die Umwelt leidet enorm. In Asien ist die rasant wachsende Textilindustrie zum zweitgrößten Wasserverbraucher und Wasserverschmutzer geworden. Die Produktion einer einzigen Jeans erfordert 7000 Liter Wasser. Daneben setzt die Fast-Fashion-Industrie 3.500 krebserregende, hormonell wirksame oder anderweitig giftige Chemikalien ein; teilweise finden sie sich schon in der Leber von Eisbären. Und wo landen all die weggeworfenen billigen Kleidungsstücke? Weit weg von unseren Augen, mit Vorliebe in Afrika. Dort, z. B. im Fluss Nairobi in Kenias gleichnamiger Hauptstadt, stapelt sich Textilmüll meterhoch. Ohne geregelte Mülltrennung …
Das Umdenken beginnt –
was du selbst tun kannst
Fast Fashion verursacht mannigfache Probleme, aber ein Umdenken scheint langsam einzusetzen. Manche Textilunternehmen boykottieren inzwischen den Black Friday, den Verkaufstag kurz vor Weihnachten mit vielen Rabatten (und noch billigerer Kleidung). Sie bieten stattdessen an genau diesem Tag kostenlose Reparaturen an. Das Label Nudie Jeans aus Schweden verspricht sogar einen lebenslangen Reparaturservice – damit Jeans länger halten und nicht so viel Wasser verschwendet wird.
Auch du selbst kannst einiges tun, um dem Fast-Fashion-Wahnsinn die Stirn zu bieten:
- Kauf weniger Kleidung! Gib im Zweifelsfall lieber etwas mehr Geld für ein fair gehandeltes Lieblingsteil aus, als Textilien im Schrank zu horten
- Meide Mode-Discounter, deren Geschäftsmodell auf unfairen Löhnen und Umweltzerstörung basieren
- Du kannst ein bisschen nähen oder stricken? Großartig – bau das aus, lass dir neue Techniken zeigen, lerne dazu. So entsteht die coolste und individuellste Kleidung
- Lass Kleidung reparieren und schau auch mal in Second-Hand-Läden, was sie so zu bieten haben
- Bevorzuge nachhaltige Kleidung und trage sie länger, als du es bislang getan hast
Das ist nur ein Anfang, aber er verändert schon viel!
Kacke in der Jacke
Drei für zwei! Sale! Alles muss raus! Egal in welcher Jahreszeit – wir werden geradezu bombardiert mit Verlockungen und angeblich tollen Angeboten. Da passiert es schnell, dass wir noch ein Shirt kaufen, noch ein Top und noch eine Jeans. Längst ist erforscht, dass unser Gehirn Dopamin ausschüttet, wenn wir meinen, einen tollen Deal gemacht zu haben. Dopamin ist ein Neurotransmitter, ein Hormon, das uns erregt und Glück produziert.
Allerdings hält der positive Zustand nur kurz an; dem Rausch folgt Nüchternheit, nicht selten sogar Traurigkeit. Das ist vor allem dann der Fall, wenn wir uns vom geschickten Marketing der Fast-Fashion-Konzerne überrumpeln lassen haben. Eine billige Klamotte ist dann nicht nur ein Stück Textil (oder Plastik), sondern das Versprechen für ein besseres Selbstwertgefühl. Wir geben uns der Illusion hin, hip zu sein, im Trend zu liegen.
Das kann der Beginn eines bösen Kreislaufs sein. Wir verstehen allmählich, dass das billige Crop Top und die stark herabgesetzten Shorts unser Leben eben nicht verändert haben. Selbstwert kauft man nicht bei Zara, H&M, kik und Co. Zu oft versuchen wir in so einer Situation, den Tiefpunkt zu überwinden, indem wir erneut kaufen. Neues Dopamin, neue Freude, wenigstens für kurze Zeit. Um doch wieder nur zu sehen, wie wenig zufrieden wir sind. Oder wie es die Berliner Band Erregung Öffentlicher Erregung im Refrain eines ihrer Songs formuliert: Wir fühlen uns „kacke in der Jacke“, „zu nett in dem Jackett“. Auf diesem Missmut gründet der Erfolg der Fast-Fashion-Industrie: nur so bleiben wir Kunden.
Erregung
Öffentlicher Erregung
Kacke in der Jacke
Ich fühl mich fremd in diesem Hemd
Ich fühl mich Kacke in der Jacke
Ich bin zu nett in dem Jackett
Das find ich schlecht
Ich hab nen Schrank voll Klamotten
Die mir nichts sagen
Denn sie haben keinen Mund
Musik dazu hier:
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